16.03.12 18:15 Uhr Vereinsheim München
Der Weltraum – unendliche Weiten … ganz ohne Behörden und Wutbürger. Ein idealer Ort also zum Errichten sperriger Sendeantennen für Mobilfunk, voyeuristischer Schlüssellochkameras oder anderer, am Boden eher unpopulärer Infrastruktur. Oder als Austragungsort eines „großen Zapfenstreichs“, bei dem (dank Vakuum) jede Protest-Vuvuzela unhörbar bliebe. Leider steht der Reise in die große Freiheit ein hässliches Naturphänomen im Wege: Die Schwerkraft (Sie erinnern sich: Das ist die mit dem Apfel), die neben einer großen Zahl von terrestrischen Hals- und Beinbrüchen auch den Löwenanteil der gescheiterten Weltraumausflüge auf dem Gewissen hat.
Dass der Weg an der Schwerkraft vorbei in den Kosmos kein leichter sein würde, hatte lange vor Xavier Naidoo bereits ein russischer Mathematiklehrer mittels einer primitiven Differentialgleichung prophezeien können: Konstantin Eduardowitsch Ziolkowskis Raketengrundgleichung ließ bereits 1903 den Angstschweiß auf die Stirnen kundiger Ingenieure treten. Warum die Mondrakete allein aus Schuld dieser Formel weder ein sicheres noch ein komfortables Verkehrsmittel sein kann, soll nun auch im Rahmen der »Physik des Scheiterns« einmal nach- bzw. öffentlich vorgerechnet sowie anhand einiger grundlegender Experimente zum Raketenantrieb und der bemannten Durch-den-Raum-Fahrt live auf der Bühne vorgeführt werden. Anschließend werden dann besondere Weltraumabenteuer, wie z.B. das raketentechnisch perfekte, bilanztechnisch aber desaströse Iridium-Satellitentelefonnetz eine angemessene Würdigung erfahren.
Vor alledem aber wird Gastreferenten Dipl. Ing. Markus Berg erläutern, wofür sich der Stress mit der Schwerkraft dennoch lohnt: Für die Satelliten nämlich, die aus dem All so großartige Dinge wie das öffentlich rechtliche Fernsehprogramm auf die Erde herabstrahlen. Schließlich werden in der Live-Produktion für den professionellen Fernseh- und Hörfunk immer öfter die Standard-Telekommunikationsnetze oder gar das Internet für Übertragungen z.B. vom Stadion ins Studio genutzt. Aber werden diese nicht wirklich für ihre Zuverlässigkeit bekannten Netze den hohen Anforderungen hochkritischer Live-Übertragungen auch in Extremsituationen (Elfmeterschießen nach Verlängerung) wirklich gerecht? Das Schadensrisiko ist erheblich: Schon eine einzige, im Netzrauschen verpuffte Bildsequenz eines finalspiel-entscheidenden Torschusses kann Konsequenzen haben, die selbst GEZ-finanzierte Großsendeanstalten im Fundament erschüttern können. Und Anlässe für solche Katastrophen gibt es reichlich – Dipl. Ing. Berg wird sie anhand exemplarischer Beispiele des Scheiterns in Bild und Ton erörtern. Inklusive der mehr oder weniger tauglichen Versuche, solche Fehlerfälle wieder in den Griff zu bekommen.