20.04.12 18:15 Uhr Vereinsheim München
Wenn der kleine Tom auf dem Wohnzimmerteppich die Dose mit der schwarzen Farbe umkippt (die ja – großes Pfadfinder-Ehrenwort – nur im Hobbykeller und nur mit einer untergelegten alten Zeitung benutzt werden würde), dann ist das zunächst noch kein Grund für ein Gespräch mit den Eltern. Die Auseinandersetzung mit Ursache und Konsequenz beginnt erst dann, wenn sich die Pfütze zu weit durch den Teppich gesaugt hat, um der erwachsenen Aufmerksamkeit zu entgehen. Dabei wird gern bagatellisierend argumentiert („Bei dem riesengroßen Teppich macht doch der kleine Fleck gar nichts aus“) oder die Verantwortung auf dritte (z.B. Bello oder die kleine Schwester) abgeschoben. Wenn dann dennoch tätige Reue eingefordert wird, beweist der Nachwuchs erstaunliche Kreativität: Er dreht einfach den Teppich um und erklärt die Sache für bereinigt.
Wer nun glaubt, die naive Abfolge aus Totschweigen, Kleinreden und Wegpfuschen tauge nur fürs Kinderzimmer, der kann einfach die Farbdose durch 780 Millionen Liter Rohöl und den Wohnzimmerteppich durch den Golf von Mexiko ersetzen. Und siehe da: grade zwei Jahre nach einer der größten Ölsauereien der Menschheitsgeschichte ist die Welt auch dort wieder in Ordnung. Wie man ein solches Wunder der unbefleckten Verölung vollbringt, möchte »Die Physik des Scheiterns« in der heutigen Aprilvorlesung erforschen, die mit dem 20. April 2012 nämlich haargenau auf den zweiten Jahrestag der Explosion auf der Bohrplattform „Deepwater Horizon“ fällt.
Dabei wird ein besonderes Augenmerk der PR-Arbeit gelten: Denn grade dann, wenn das Öl unkontrolliert in alle Richtungen entwischt, muss wenigstens die öffentliche Empörung kanalisiert werden. Tatsächlich erreichte die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Verantwortlichen nach einer ersten Schockstarre schnell eine Professionalität, wie man sie sich vorher auch für die Instandhaltung des Blowout-Preventers am Bohrloch gewünscht hätte. Für PR-Expertise sorgt dabei Dipl. Biol. Barbara Wankerl, die professionell für die Technische Universität München kommuniziert und dort vor allem mit Fragen bohrt. Sie wird im Kontrast zu den allzu durchsichtigen, polierten Darstellungen einmal im Trüben fischen. Denn nicht alles Öl treibt an der Oberfläche.
Dipl.-Biol. Barbara Wankerl – Media Relations Officer der TU München